Einführung und Nutzung
Vom 1. Jahrhundert n. Chr. bis in die Mitte des 4. Jahrhunderts stand im Selztal nordwestlich von Mauchenheim eine luxuriöse Palastvilla mit einer Grundfläche von etwa 2.000 qm. Die Fundamente des Baus konnten auf Grund von Luftbildaufnahmen dokumentiert werden. Vor Ort gefundene Dachziegelfragmente ließen sich mit einem in Baden-Württemberg erhaltenen Giebel zu einem Ziegeldach bestimmter Neigung ergänzen. Um diesen besonderen Ort wieder erlebbar zu machen, konnten die Fundamente durch Betonschwellen nachgezeichnet werden. Vorbilder für die dekorative Rekonstruktion von Wänden und Decken stammen von Fundstellen, an denen sich eben solche fragmentarisch erhalten haben. Vier Räume mit prächtigen Mosaiken, Wandmalereien und vier fiktiven Bewohnern werden als Augmented-Reality-Erlebnis vor Augen geführt. Über eine App können 3-D-Rekonstruktionen des Baus und Videos des Hausherrn, der Frau seines Verwalters, der Köchin und eines Sklaven auf Endgeräte heruntergeladen werden. Wenn man sich vor Ort am Grundriss orientiert, öffnen sich 360-Grad-Panoramen des Baus und seiner Umgebung und man kann die Empfangshalle, den Speisesaal, die Küche und eine Scheune betreten. Dort findet man die Videos der Personen sowie zusätzliche Informationen zum Lesen und Hören.
Entdeckung der Palastvilla
Eine echte Entdeckung brauchte es eigentlich nicht, denn völlig verschwunden waren die römischen Reste nie. Nach dem Ende der Römerzeit, durch das Mittelalter, standen hier noch beachtliche Ruinen. Vermutlich stellte sich damals die Fundstelle als ein von Bäumen und Brombeeren überwachsener Trümmerhügel dar. Die Menschen des Mittelalters und der frühen Neuzeit suchten Erklärungen für das, was dort einst gewesen war, und fanden diese in ihrer eigenen Lebenswelt. Sagen von einem alten Kloster oder einem alten Schloss entstanden so. Als nach dem Mittelalter zunehmend Steine für neue Häuser verwendet wurden, bediente man sich an den Ruinen – und schuf so auch noch ortsnahes Ackerland. Dieser Prozess dürfte im 18. Jahrhundert abgeschlossen gewesen sein, nun pflügten die Bauern ab und zu noch mal Fundamente an, sonst zeugten nur noch herumliegende Steine, Ziegel und Scherben von den römischen Gebäuden. Archäologen haben die Fundstelle Mitte der 1960er Jahre „entdeckt“. Oda Kriesel hatte im Rahmen ihrer 1964 begonnenen Doktorarbeit die Mauchenheimer Gemarkung untersucht und dabei verschiedene römische und vorrömische Siedlungsstellen anhand eben jener auf Äckern sichtbaren Spuren kartiert. Im Jahr 1998 konnte Peter Haupt mit den Methoden der Luftbildarchäologie das Wohngebäude dokumentieren: Über den Mauerresten wuchs das Getreide etwas schlechter und reifte etwas früher, weshalb für einige Wochen der Grundriss aus der Luft gut sichtbar war. In den 2000er Jahren wurden die Reste der breiteren Öffentlichkeit als Kulturdenkmal präsentiert, und es gelang so, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit ihrer Erhaltung zu schaffen. 2013 hat Pascal Brengel als Teil einer Doktorarbeit die Fundstelle mit geophysikalischen Methoden untersucht und damit weitere Erkenntnisse zu Aussehen und Funktion gewonnen. Begleitend zu kleinen Bodeneingriffen im Rahmen der Präsentation des mittlerweile sehr gut geschützten Denkmals konnte das Wissen um die Anlage im Jahr 2021 erweitert werden.
Rekonstruktion der Palastvilla
Die Rekonstruktion der Palastvilla beinhaltet grundsätzlich Fiktion. Neben den schier endlosen Möglichkeiten, wie etwas beschaffen sein kann, zum Beispiel die Farbe eines Wandputzes in der Abendsonne, kommt erschwerend der Umstand hinzu, dass ein römisches Gebäude oft über Jahrhunderte bestand und in dieser Zeit seine Gestalt und Funktion änderte. Welchen Zustand zu welcher Zeit möchte man rekonstruieren? Wie können wir wissen, was früher gewesen sein kann?
Archäologische Rekonstruktionen stützen sich auf Erkenntnisse zum Objekt selbst, ergänzt durch andernorts erhaltene Befunde. So auch in Mauchenheim. Die hier gefundenen Dachziegelfragmente lassen sich mit einem in Baden-Württemberg erhaltenen Giebel zu einem Ziegeldach bestimmter Neigung ergänzen. Vorbilder für die Dekoration von Wänden und Decken stammen von Fundstellen, wo sich eben solche erhalten haben, wenn auch oft nur in Fragmenten. Die Deckenlampen im Speiseraum sind Diatretgläser, die wir vor allem aus Sarkophagen als Grabbeigaben kennen. Vieles bleibt fiktiv, etwa die Anordnung und Größe der Fenster und die Raumhöhe.
Einen kurzen Einblick gibt dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=RPr1kd-FPG0
Wegbeschreibung / Anreise
- von Alzey kommend: in den Ort fahren bis zur T-Kreuzung. Rechts abbiegen. Am ersten Wirtschaftsweg links ist das Ziel.
- von Kirchheimbolanden / der A63 kommend: der Hauptstraße komplett durch den Ort folgen. An der Abzweigung Richtung Alzey weiter gerade aus. Am ersten Wirtschaftsweg links ist das Ziel.
- von Offenheim kommend: hinter dem Ortsschild und vor der eigentlichen Ortseinfahrt ist der Wirtschaftsweg rechts das Ziel.
Parkplätze sind neben der Zufahrt zum Wirtschaftsweg vorhanden. Bitte nicht in den Wirtschaftsweg einfahren.