1848/49 in Mauchenheim und Umgebung

von Volker Gallé

Es gibt zwei Hauptquellen für die Mauchenheimer Ereignisse in den Jahren 1848/49, auf die sich wohl alle späteren Veröffentlichungen berufen. Das ist zum einen eine handschriftliche Lebenserinnerung des Tünchers Philipp Arnold aus dem Jahr 1906, die ich von Marianne Fitting zur Auswertung erhalten und auszugsweise kopiert habe. Auch Pfarrer Paul Karmann hat sie 1974 in einem Zeitungsartikel ausgewertet. Das ist zum anderen das 1899 in Kaiserslautern erschienene Buch „Geschichte des Pfälzischen Aufstands im Jahr 1849“ des evangelischen Pfarrers Otto Fleischmann (geb. 1838), Sohn des Pfarrers Georg Julius Fleischmann, der von 1841 bis 1858 in Mauchenheim amtierte. Der wiederum hat sich für die Ereignisse in Morschheim auf die Erinnerungen des Lehrer-seminaristen Ludwig Hartmann gestützt (Text und Kommentar von Franz Rink und Roland Paul in: Jahrbuch zur Geschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern, Band 22/23, 1984/85, S. 383-4040). Zur Person von Otto Fleischmann: Bernhard H. Bonkhoff, Otto Fleischmann in: Hartmut Harthausen (Hrsg.), Pfälzer Lebensbilder 9, Speyer 2020, S. 129-139. Dazu kommen die Erinnerungen Ludwig Bambergers an die Pfälzische Erhebung (Gesammelte Schriften Band III. Berlin 1895, S.59-158) und die Recherchen von Konrad Lucae in seinem Buch zu 1848/49 in Kirchheimbolanden aus dem Jahr 1979 sowie der Band zu Pfälzern im „Schwarzen Buch“ von Edgar Süss  (Dissertation 1956) und Quellen-recherchen im Landesarchiv Speyer.

Mauchenheim und seine politische Zugehörigkeit

In den Revolutionsjahren 1848/49 gehörte Mauchenheim zum Kreis Pfalz (1816-1837 Rheinkreis) des Königreichs Bayern.  „Gebräuchlich war auch die Bezeichnung Rheinpfalz. Vielfach wurde von Rheinbayern, Bayerischer Pfalz oder Bayern jenseits des Rheins (aus Münchner Perspektive) gesprochen.“ (Pfalz (Bayern) bei wikipedia). Bis 1794 hatte Mauchenheim zum kurpfälzischen Oberamt Alzey gehört. Danach besetzten französische Revolutionstruppen das linke Rheinufer, das 1798 als Département du Mont-Tonnerre (Donnersberg) Teil Frankreichs wurde und bis 1814 blieb. Mauchenheim gehörte zum Canton de Kirchheim  (Kanton Kirchheim, auch Kirchheim-Boland oder Kirchheimbolanden) im Arrondissement (Unterpräfektur) Mainz. In Mainz hatte auch die Präfektur des Départements ihren Sitz. Zum Canton de Kirchheim gehörten 22 Gemeinden mit 13 Mairies, darunter mit Mauchenheim, Einselthum, Kriegsfeld, Mörsfeld, Ruppertsecken und Stetten sechs ehemalige kurpfälzische Gemeinden.  Im Nachgang zum Wiener Kongres vereinbarten Österreich und Bayern vertraglich einen Gebietstausch, durch den die linksrheinischen österreichischen Gebiete zum 1. Mai 1816 an Bayern abgetreten wurden.  Dazu gehörten im Département Donnersberg die Bezirke von Zweibrücken, Kaiserslautern und Speyer –  letztere mit Ausnahme der Kantone Worms und Pfeddersheim, die dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt (Rheinhessen) zugeschlagen wurden – und der Kanton Kirchheim-Bolanden aus dem Bezirk von Alzey. Von dieser Grenzziehung zeugen heute noch die Grenzsteine mit den Initialen KB (Königreich Bayern) und GH (Großherzogtum Hessen). Das Königreich Bayern behielt die Kantonalstruktur bei und Mauchenheim gehörte bis 1852 zum Kanton Kirchheim (Kirchheimbolanden) im Landkommissariat Kirchheim, zu dem auch die Kantone Göllheim, Obermoschel und Rockenhausen gehörten. Gerbach, Ruppertsecken und Sankt Alban wurden an den Kanton Rockenhausen abgegeben, so dass der Kanton Kirchheim noch 19 Gemeinden umfasste. Am Ende der kurpfälzischen Zeit hatte Mauchenheim 369 Einwohner, in französischer Zeit (1802) waren es 569.

Prägende Ereignisse in französischer Zeit

Prägende Ereignisse zwischen 1798 und 1814 waren der Bau der Kaiserstraße von Mainz nach Paris und die Versteigerung der kurpfälzischen Schaffnerei Sion (bis 1566 Kloster Sion).

1798 war im Saardépartement angeregt worden, die Straße Paris-Saarbrücken nach Mainz zu verlängern. Gebaut wurde von 1806 bis 1811. „An ihrem Bau waren ständig ca. 900 Arbeitskräfte beteiligt. Sie mussten unentgeltlich Hand- und Spanndienste leisten, d. h. mit ihren Fuhrwerken Baumaterialien transportieren und mit Schaufel und Hacke bei der Anlage der 10 Meter breiten und in der Mitte mit einer 6 Meter breiten Pflasterung versehenen Straße mithelfen.“ (via regia.org) Die Arbeitskräfte mussten von den Gemeinden gestellt werden. Zudem mussten die Straßenbaukosten von durchschnittlich 40.000 Francs pro Kilometer vom Département aufgebracht werden (Friedrich Arnold, Mauchenheim – ein Dorfbuch für Schule und Haus, S. 30) Laut dem Dorfbuch bemühte sich der Mauchenheimer Bürgermeister Braun vergebens darum, die Kaiserstraße statt über die Höhe durch das Selztal zu legen. Die Planer gaben einer möglichst geraden überregionalen Trassenführung den Vorzug.

Die kurpfälzische Schaffnerei Sion wurde in französischer Zeit zu Nationaleigentum erklärt und versteigert, soweit ihre Teile nicht in Erbpacht vergeben waren. Ein ehemaliger Heidelberger Professor namens Guttenberg aus Kreuznach soll den Zuschlag bekommen und den auch in den ummliegendnn Gemeinden vorhandenen großen Besitz weiterverpachtet haben. Die Pächter waren mehr an den Grundstücken als an den Gebäuden interessiert. Von 1832 bis 1839 wurden die Klostergebäude daher großenteils zum Abbruch versteigert und die Steine zum Bau von Häusern und Scheunen in Mauchenheim verwendet. 

Mauchenheim in bayrischer Zeit

Die Einwohnerzahl von Mauchenheim stieg in bayrischer Zeit von 562 in 1815 auf 862 in 1837. Im öffentlichen Raum dokumentierten Gedenksteine napoleonischer Veteranen wie in Grünstadt, Frankenthal, Kaiserslautern und Alzey in den 1840er Jahren die Verbundenheit der Region zur französischen Zeit. Politisch wichtiger aber war die Verteidigung der durch die Reformen dieser Zeit entstandenen „rheinischen Institutionen“ im Linskrheinischen.  Die Verwaltungs-strukturen waren vereinheitlicht worden. Durch die Unabhängigkeit der Gerichte von der Exekutive war die Gleichheit vor dem Gesetz gängige Praxis, ergänzt durch mündliche und öffentliche Gerichtsverhandlungen mit Geschworenengerichten sowie Gesetzeswerken wie dem Code Civil, der hier bis zur Ablösung des BGB im Jahr 1900 geltendes Recht war. Dazu kamen Religionsfreiheit und Gewerbefreiheit sowie die Befreiung der Bauern von Zehnten und Frohnden. Viele Gutsbesitzer waren zudem durch die Nationalgüterversteigerung  ehemals kirchlichen und teilweise auch adligen Besitztums zu ihrem Gutsbesitz, bzw. deren Vergrößerung gekommen und wünschten keine Rückabwicklung.

Das alles unterschied die linksrheinischen von den rechtsrheinischen Gebieten in Preußen, Hessen und Bayern und wurde von den Bürgern gegen die Versuche der Fürstenreaktion verteidigt. Man könnte sich in Bayern und Hessen zudem darauf berufen, dass die genannten Rechte von den regierenden Fürsten bei der Besitzergreigung im Jahr 1816 und in den Verfassungen von 1818 und 1820 ausdrücklich garantiert worden waren.

Von 1819 bis 1834 war der Mauchenheimer Gutsbesitzer Johann Hermann Fitting (1765-1847) einer der Abgeordneter des bayrischen Landtags für den Rheinkreis (Pfalz) in der Klasse V. der bürgerlichen Gutsbesitzer. In der Wahlperiode 1831-34 wird er zur gemäßigten Opposition gerechnet. In dieser Wahlperiode ging es zwischen König Ludwig I. und dem Landtag neben der Genehmigung des Budgets und der vom Landtag beschlossenen Kürzungen hauptsächlich um die vom König mit Blick auf die Pariser Julirevolution von 1830 verschärfte Zensur und um die Aufhebung der Grundherrschaft in einem „Culturgesetz“, die im Rheinkreis bereits 1816 erfolgt war und im übrigen Bayern erst 1848 erfolgen sollte. Das bedeutete, dass nur noch Abgaben (Steuern) an den jeweiligen Staat und nicht mehr an die früheren Grundherren (Adel und Kirche) gezahlt werden mussten. Im Rechtsrheinischen und in Bayern galt dagegen zu diesem Zeitpunkt noch eine doppelte Abgabenpflicht gegenüber Staat und Grundherren. Die Zurechnung Fittings zur gemäßigten Opposition meint wohl, er habe zur Abgeordnetengruppe der konstitutionellen Liberalen gehört, die sich für Budgetkürzungen der Vorlage, die Aufhebung der Grundherrschaft und gegen die verschärfte Zensur ausgesprochen hatten und schließlich Kompromisse eingegangen waren, aber nicht für weitergehende und grundlegende Reformen des Staates in Richtung Republik eingetreten waren.

Dass die Zensur insbesondere im Rheinkreis (Pfalz) ein politisch entscheidendes Thema war, zeigt das Hambacher Fest von 1832, das aus den Bestrebungen des Press- und Vaterlandsvereins um den Zweibrücker Abgeordneten Friedrich Schüler (1791-1873) hervorging, der sich im Vorfeld des Festes für demokratische Reformen „mit oder ohne Fürsten“ engagiert hatte. Ob aus Mauchenheim Personen am Hambacher Fest teilgenommen haben, ist bisher nicht bekannt. Im Umfeld gab es Hambachteilnehmer wie den von 1931 bis 1849 in Einselthum amtierenden evangelischen Pfarrer Adolf Ernst Theodor Berkmann. Der findet sich auch auf einer Liste von über 30 Mitgliedern der „Liberalen Parthey“, die auf Grund einer Anzeige des Friedensrichters Christian Wenz ermittelt worden waren (Lucae, S. 24/25). Einige von ihnen wie Berkmannoder der Notar Carl Wilhelm Schmitt werden auch 1848/49 wieder aktiv.

Im Nachgang zum Hambacher Fest kam es 1833 zum Frankfurter Wachensturm. Etwa hundert Personen um die Brüder Gustav und Georg Bunsen aus Frankfurt, darunter ein Drittel burschenschaftlich organisierter Studenten aus Gießen, Heidelberg, Göttingen, Würzburg, Erlangen, München und Freiburg, versuchten am 3. April 1833 durch einen Überfall auf die Hauptwache und die Konstabler Wache in Frankfurt eine Revolution auszuösen. In Frankfurt befand sich mit dem Bundestag der ständige Sitz des Gesandtenkongresses der deutschen Fürsten. Die Aktion scheiterte. Als sechs der danach verhafteten Teilnehmer fliehen konnten, entstand nach 1835 das Lied von der freien Republik, das von den ihnen entgegengebrachten Sympathien in der Bevölkerung zeugt:

In dem Kerker saßen zu Frankfurt an dem Main
schon seit vielen Jahren sechs Studenten drein,
die für die Freiheit fochten und für das Bürgerglück
und für die Menschenrechte der freien Republik.

Und der Kerkermeister sprach es täglich aus :
„Sie, Herr Bürgermeister, es reißt mir keiner aus!“
Aber doch sind sie verschwunden abends aus dem Turm
um die 12. Stunde bei dem großen Sturm-

Und am nächsten Morgen hört man den Alarm
Oh es war entsetzlich der Soldatenschwarm
Sie suchten auf und nieder, sie suchten hin und her
Sie suchten sechs Studenten und fanden sie nicht mehr.

Doch sie kamen wieder mit Schwertern in der Hand
Auf, ihr deutschen Brüder, jetzt geht´s fürs Vaterland
Jetzt geht´s für Menschenrechte und für das Bürgerglück
Wir sind doch keine Knechte der freien Republik!

Mit der „Zentraluntersuchungsbehörde“ wurde nach dem Wachensturm und noch im gleichen Jahr in Frankfurt eine neue Zensurbehörde eingerichtet, die in den Folgejahren bis 1842 die zweite Welle der so genannten „Demagogenverfolgung“ nach 1819 (Karlsbader Beschlüsse) einleitete. Gemeint waren damit Demokraten, vor allem an den Universitäten. Ermittelt wurde gegen mehr als 2.000 Verdächtige. Darunter befand sich auch der Pfälzer Valentin Simon Fleischmann (1803-1875), ein Bruder von Georg Julius Karl Heinrich Fleischmann (1799-1873), der von 1841 bis 1858 evangelischer Pfarrer in Mauchenheim war, zuvor ab 1835 in Sembach, danach in Marnheim. Valentin Fleischmann (1803-1975) hatte 1824 bis 1827 in Heidelberg, danach in Erlangen Theologie studiert und 1828 eine Vikarsstelle in Ellerstadt übernommen. 1829 bis 1833 war als Hauslehrer in Heidelberg angestellt. In dieser Zeit engagierte er sich bei der „Heidelberger Burschenschaft“ und veröffentlichte anlässlich der Relegierung von drei von deren Mitgliedern eine Druckschrift unter dem Titel „Etwas zur Aufklärung über den Zustand der akademischen Lehre in Heidelberg“. (Edgar Süss, S. 57/Nr. 47). 1933 kehrte er zu seinem Vater in Rockenhausen zurück, der dort Pfarrer war. Wegen Aussagen von Verhafteten in Berlin und Frankfurt nach dem Frankfurter Wachensturm fand hier am 14.6.1844 eine Hausdurchsuchung statt, bei der Brief und Schriften der „Heidelberger Burschenschaft“ gefunden wurden sowie Kontakte zu deren Kopf Karl-Heinz Brüggemann, der seinerseits von den Behörden verfolgt wurde. Valentin Fleischmann (Nr. 57 im „Schwarzen Buch“) wurde ohne Anklage und Urteil  bis 1836 (Süss) oder 1837 (Fleischmann, S. 15) in Haft gehalten,  schließlich gegen eine Kaution von 10.000 Gulden (Süss) oder 20.000 Gulden (Fleischmann) entlassen und erst 1840 freigesprochen (Fleischmann), bzw 1841 begnadigt (Süss). In einer Untersuchungssakte (Speyer J1 Nr. 48) wird er mit anderen, bekannteren Verfolgten wie Johann Fitz aus Dürkheim, Johann Philipp Becker aus Frankenthal und Friedrich Wilhelm Knoebel aus Dürkheim erwähnt. Ab 1838/39 übernahm er wieder kirchliche Ämter, zunächst in Schönau, Zell und Iggelheim als Vikar, von 1841-1847 als Pfarrer in Sembach, und zwar als Nachfolger seines Bruders Georg, von 1847 bis 1857 als Pfarrer und Dekan in Dürkheim, von 1857 bis 1870 als Dekan in Landau und  danach bis 1875 als Pfarrer in Lachen (Eberhard Ref, Pfälzisches Pfarrerlexikon unter www.eberhard-ref.net/pfälzisches-pfarrerlexikon).

Die Märzrevolution 1848

Die Impulse zur Opposition gegen die Fürstenreaktion kamen insbesondere linksrheinisch seit 1789 aus Frankreich und wurden meist früher als anderswo in Deutschland hier aufgegriffen. Das war bei der Pariser Julirevolution 1830 so und erneut bei der Pariser Februarrevolution 1848. Einen Tag nach Mannheim wurde die zweite Adresse mit an die jeweiligen Regierungen gerichteten “März-forderungen“ auf deutschem Boden am 28. Februar in Mainz verabschiedet und dem hessischen Großherzog in Darmstadt übergeben.

Die elf Forderungen lauteten:

  1. Unbedingt freie Presse
  2. Erhaltung unsrer bisherigen rheinischen Gesetzgebung
  3. Zurücknahme des bereits publizierten Polizeistrafgesetzbuchs
  4. Möglichste Verminderung des stehenden Heeres
  5. Sofortige Beeidigung des Militärs auf die Verfassung
  6. Allgemeine Volksbewaffnung mit freier Wahl der Offiziere
  7. Volle Gleichstellung aller Religionskultur
  8. Zeitgemäße Revision der Verfassungsurkunde und Gemeindeordnung
  9. Freie Gemeindeverwaltung, ohne die alles beengende Bevormundung durch Beamten
  10. Freie Beratung öffentlicher Interessen in allgemeinen Versammlungen und unverkümmertes Recht, die Wünsche des Volks durch Collectivpetitionen ihren Vertretern vorzutragen
  11. Ein allgemein deutsches Parlament

Nach Worms und Bingen am 1. März folgte Alzey am 2. März. Am 4. März richtete eine pfälzische Volksversammlung in Neustadt einen ähnlichen Forderungskatalog an den bayrischen König. Am 10. März 1848 schrieb das „Wochenblatt für Kirchheimbolanden und Grünstadt“ begeistert unter der Überschrift „Eine neue Ära für Deutschland beginnt“: „Allerwärts in deutschen Ländern regt sich mit furchtbarer Gewalt der Geist der Zeit., und fordert gebieterisch, was bisher niemand zu bitten wagte. Der Deutsche, schmachvoll seit langer Zeit darniedergehalten, ist fest entschlossen, seine Fesseln abzuschütteln und die ihm schon nur zu lange vorenthaltenen Rechte und Freiheiten sich zu erkämpfen.“ (Klaus Kremb Hrsg., Bürgerversammlung und Barriakde – Kirchheimbolanden 1848/49, ein revolutionärer Ort, Kirchheimbolanden 1999, S. 44).

Wenn es damals Wochenblattleser in Mauchenheim gegeben haben sollte, dann waren es vielleicht der Gutsbesitzer Johann Hermann Fitting und seine Familie, Pfarrer Georg Julius Fleischmann und Teile der Lehrerschaft.  In Kirchheimbolanden initiierte der Arzt Dr. Friedrich Glaser (1814-1849) für Sonntag, den 5. April 1848 eine Bürgerversammlung in der Peterskirche und legte einen Achtpunkteplan für die Stadt vor. „Er entfaltet in den wenigen Monaten, die ihm noch bleiben, eine rastlose Tätigkeit. Er leitet Bürgerversammlungen und Sitzungen des Bürgervereins…er schreibt Aufrufe und Programme…Aus seiner Feder stammen eine Reihe von „Adressen“, unterschrieben von vielen Kirchheimer Bürgern, mit denen er sich an die Nationalver-sammlung in Frankfurt wendet.“ (Kremb, S, 14)

„Auch im Bereich der Kirche und Schule wurde es lebendig. Man suchte auch in der Pfalz deutschkatholsiche Gemeinden zu gründen.“ (Fleischmann S. 79) Die deutschkatholische Bewegung sah die Reliquien-verehrung wie in der Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt von 1844 als Aberglauben, trat für eine aufklärerische Tradition ein und positionierte sich gegen die römische Hierarchie.  Ähnliche Debatten gab es auch in der protestantischen Kirche zwischen der positiv genannten konservativen und der liberalen rationalistischen Richtung. Am 5. April 1848 fand in Dürkheim eine Versammlung  statt, bei der sich Pfarrer Valentin Fleischmann für eine deutsch-protestantische Volkskirche einsetzte. (Fleischmann, S.79) Gemeint ist damit in diesem Zusammenhang eine protestantische Kirche auf nationaler Ebene. Beschlossen wurde aller-dings das Gegenteil, nämlich die Trennung der vereinigten Kirche der Pfalz von Oberkonsistorium in München.

Bei der Volksversammlung vom 12. März 1848 in Neustadt  hatte man auch die Einführung von Kommunalschulen verlangt. Eine große Lehrerversammlung am 23. April, ebenfalls in Neustadt, formulierte als Ziele der „freigesinnten Lehrerschaft… die Trennung der Schule von der Kirche, die Kommunal- und Staatsschule, die Erhebung des Lehrerstandes aus seiner gedrückten Lage.“ (Fleischmann, S. 80) Die Märzrevolution 1848 war nicht nur in der Pfalz, sondern auch in Rheinhessen der Aufbruch einer demokratischen Lehrerbewegung, die schließlich in eine Gewerkschaftsgründung münden sollte. Bereits im Vormärz war in Bayern 1821 der erste Lehrerverein gegründet. Er dehnte sich innerhalb von zwei Jahren landesweit aus. „Dieser „Allgemeine Lehrerverein in Baiern“ wurde aufgrund seiner gegenüber dem restaurativen System oppositionellen Haltung zweimal verboten: erstmals 1832 und nach seiner Wiedergründung im Jahre 1845 erneut im Jahre 1850. (www.historisches-lexikon-bayerns.de) Auch in Mauchenheim gab es in der Lehrerschaft Sympathien für die Revolution, wie das Beispiel des Hilfslehrers Kalr Scholl zeigt (siehe Erinnerungen Philipp Arnold). Die Familie Fleischmann war über den Bruder des Mauchenheimer Pfarrers mit oppositionellen Akvititäen des Vormärz in Verbindung.

Der evangelische Pfarrer von Einselthum, Theodor Berkmann (1802-1870), der wegen seiner Teilnahme am Hambacher Fest und aufreizender Predigten und aufrüherischen Reden 1833/34 vom Dienst suspendiert worden war, wurde im Frühjahr 1848 als Ersatzkandidat im Wahlkreis 5  der Pfalz (Kirchheimbolanden) für die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, im Herbst 1848 dann für den Wahlbezirk Kaiserslautern-Kirchheimbolanden in den 13. Bayrischen Landtag. Zum Mitglied der Nationalversammlung für den Kichheimbolander Wahlkreis war am 30. April 1848 der Speyer Notar Joseph Martin Reichard (1803-1872) gewählt worden. Dort schloss er sich der Fraktion Donnersberg an, die sich für eine Republik einsetze. Alle rheinhessischen und die Mehrheit der pfälzischen Abgeordneten in der Frankfurter Paulskirche schlossen sich den republikanisch gesinnten Demokraten an, während die Mehrheit in der Nationalversammlung um Heinrich von Gagern als Liberale für eine konstitutionelle Monarchie votierten.

Ereignisse in Mauchenheim

Philipp Arnold schreibt, sein erstes Schuljahr in Mauchenheim sei das Jahr 1848 gewesen. Er muss zu diesem Zeitpunkt sechs Jahre alt gewesen sein (1842 geboren), da die bayrische Schulpflichtverordnung von 1802 für alle „Kinder vom 6ten bis wenigst ins vollstreckte 12te Jahr“ den Schulbesuch „das ganze Jahr hindurch, von Mitte des Julius bis 8ten September“ vorschrieb. (Hubert Buchinger, Die bayrische Volksschule im Wandel der Zeit unter www.heimatforschungregensburg.de) Otto Fleischmann (1838-1913) wurde in Sembach geboren und wuchs in Mauchenheim auf, wo sein Vater Georg von 1841 bis 1858 evangelischer Pfarrer war. 1848 war er demnach zehn Jahre alt (nach eigener Aussage 15 Jahre und auf der Lateinschule Kirchheimbolanden, was aber mit seinen Geburtsdaten nicht übereinstimmt). Arnold und Fleischmann waren also Zeitzeugen vor Ort, wenn auch im Schüleralter.  Arnold schreibt: „Mein erstes Schuljahr fiel in das Jahr 1848…wie schon bemerkt, hieß meine erster Lehrer „Scholl“, war er wie hunderttausende von Freiheits Ideen angehaucht.“ Das bestätigt auch Fleischmann, der einen „jungen Schulverweser von Mauchenheim namens Scholl“ im Juni 1849 beim Barriakdenbau in Morschheim erwähnt (Fleischmann, S.284). Als Schulverweser werden Hilfslehrer bezeichnet. „Hilfslehrer waren Lehrer, die gerade ihre Ausbildung an der Lehrerbildungsanstalt hinter sich hatten und zum Lehrer in einem ähnlichen Verhältnis standen wie der Geselle zum Meister. Sie wohnten in der Wohnung des Lehrers, wurden in seinem Haus verpflegt und erhielten auch ihren Lohn vom Lehrer.“ (Hubert Buchinger, s.o.) In einer die Schule Mauchenheim betreffenden Personalakte des Landesarchivs Speyer (H3 Nummer 11930) wird die „Entlassung des Schulgehilfen Karl Scholl wegen seiner Beteiligung an der revolutionären Bewegung in der Pfalz“ erwähnt. Arnold schreibt, in der 2. Klasse, also 1849, habe er dann einen Lehrer Baum gehabt.

Bei Arnold heißt es weiter: „Die Idee von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit kam von Frankreich her und  wurde auch mit Begeisterung in ganz Deutschland aufgenommen.“ Es habe in jedem Dorf Versammlungen gegeben, Freischaren seinen militärisch ausgbildet worden. Volksbewaffnung als Gegengewicht zum Fürstenmilitär war eine der Märzforderungen, auch im Achtepunkteplan Glasers in Kirchheimbolanden. Arnold beschreibt auch die Freischarenkleidung: Kittel und Hosen von grauem Zwillich (doppelfädig gewebter derber Leinenstoff), eine blaue Bluse (Artikel Karmann), ein Gürtel mit Messingschnalle (Gürtel 6 cm breit, Schnalle 10 cm lang und 5 cm breit/ Karmann), blaue Mütze mit schwarzrotgoldener Kokarde, links und rechts an der Hose ein zweifingerbreites Band (3 cm breit/Karmann). Einige Männer hätten Schlapphüte mit Hahnenfedern getragen (Karmann).  Als Waffe habe eine gerade gebogene Sense bei den älteren Mannschaften gedient, Stangen mit schwarzrotgoldener Ölfarbe als Lanzen bei jüngeren Mannschaften, die man Zöglinge genannt habe. Letztere hätten unter Aufsicht von Philipp Heinz gestanden (Karmann). Eine solche Bewaffnung konnte mit der des Fürstenmilitärs in keiner Weise mithalten. Fast jeden Abend habe man oben am Freiheitsbaum exerziert. Fleisch-mann schreibt, der Freiheitsbaum habe da gestanden, wo heute (1899) die Luitpoldeiche stehe. Luitpold war von 1886 bis zu seinem Tod 1912 Prinzregent des Königreichs Bayern. Zur Erinnerung an diese Regierungszeit entfaltete sich eine umfangreiche Gedenkkultur. Nach Information von Otto Boos (geb. 1926) habe es an der Ecke Hauptstraße/Erbengasse einen Treffpunkt „Unner de Eich“ mit Baum und Bank gegeben. Freiheitsbäume waren Symbole der französischen Revolution und wurden im Linksrheinichen nach 1792 aufgestellt. Nach 1814 kame der Brauch aus der Mode, wurde aber 1832 rund um das Hambacher Fest wieder belebt. Stefan Schaupp (Freiheitsbäume Freiheitsträume, Leinfelden-Echterdingen 2011, S. 82/83) hat zu dieser Zeit in der Pfalz 22 Freiheitsbäume nachgeweisen, darunter in Grünstadt und Freinsheim. In  Meyers Konversationslexikon von 1907 wird erwähnt, es habe auch 1848 wieder Pflanzungen von Freiheitsbäumen in Deutschland gegeben.

Karmann schreibt, größere Exerzierübungen hätten auf der Fohlenweide bei Standenbühl stattgefunden. Kommandant des Mauchenheimer Regiments, so Arnold, und „Vereinsvorstand“ (Karmann) sei Samuel Becker gewesen, der bei den französischen Cheveuxleger (Leichte Kavallerie, ab 1813 charakteristische Waffengattung des bayrischen Heeres – wohl eher bayrisch als französisch) als Oberst gedient habe (wohl eher Titel bei der Bürgerwehr), Hauptmann Konrad Hauenstein, Feldwebel Heinrich Schütz, Korporal  Karl Michel, Fahnenträger Johann Boos, Pioniere Philipp Alt (Karmann), Heinrich Barbig und Peter Anhäuser aus der Klostermühle, der auch Schriftführer gewesen sei (Karmann), Tamboure (Trommler) Wilhelm Sipp und Matthias Gülcher. Die Trommel sei so groß gewesen, dass sie einen halben Zentner Frucht habe fassen können, geprobt worden sei unter Anleitung eines Lehrmeisters (Karmann) abends am Zaun von Johann Adam Becker in den Backesgärten (Karmann).

Familiengeschichten

Paul Karmann hat 1974 die Enkel der Mauchenheimer Achtundvierziger ermittelt. Ich habe bei Ruth Becker (geb. 1928) gefragt, wer diese Enkel gewesen sein könnten. In den einzelnen Fällen könnten Familien-forschungen weitere Erkenntnisse über Personen, Wohnorte, Berufe und Verwandtschaften bringen.

Oberst Samuel Becker: laut Auskunft von Klaus Becker habe es damals insgesamt sechs Samuel Becker in Mauchenheim gegeben. Auf Grund der  Lebensdaten vermutet er, dass der 1848 genannte Samuel Becker zur Familie Oswald Becker in der Hauptstraße gehört haben könnte.

Hauptmann Konrad Hauenstein, laut Karman: Großvater von Jakob und Valentin Hauenstein –  Jakob Hauenstein Eckhaus Hauptstraße (Mutter von Paula Schimbold war eine geborene Hauenstein) und Jakob Hauenstein, Sionerstraße 5

Feldwebel Heinrich Schütz, laut Karmann Großvater von Andreas Schütz – Heirat nach Nieder-Olm, Schwester Anna Schütz, Heirat mit Niederauer (Hauptstraße – Haus Schütz hinter Haus Niederauer)

Korporal Karl Michel, laut Karmann Großvater von Jakob Michel – Sionerstraße 13, Bruder Heinrich Michel (Honig)

Fahnenträger Johann Boos (Friedrich Arnold: Bürgermeister vor Karl Friedrich und Hermann Heinrich Fitting) – wahrscheinlich Erbengasse 9, – Vorfahre von Ernst Boos und dessen Vater Heinrich Boos

Pioniere:

Philipp Alt

Heinrich Barbig, laut Karmann Großvater von  Polizeidiener Adam Barbig – in den 30er Jahren abends mit Schelle durchs Dorf, wohnhaft im  Haus Krautschneider (Alzeyer Straße)

Peter Anhäuser, laut Karmann Klostermühle/Anhäuser Mühle

Tambour/Trommler

Wilhelm Sipp, laut Karmann nach Amerika ausgewandert

Matthias Gülcher

Johann Adam Becker (Backesgärten)

Zur Fahnenweihe seien laut Arnold mehrere Freischarenvereine eingeladen worden. Fleischmann beschreibt solche Zeremonien an einem Beispiel aus Meisenheim vom 22. Juli 1848 und zitiert eine Rede aus Kusel (S. 90-92), die er wegen ihres Pathos für eine der besseren hält. Bei denen gewöhnlichen Schlages habe man dagegen meistens nur von „Tyrannen, Pfaffen, vertierten Söldlingen, Henkern, Kerkern, Folter-kammern, Finsternis, Volksverdummung, von Morgenröte, Märtyrern, Aufklärung, Freiheit, Volkswille, Heldentod“ gehört.  Arnold schreibt, in den Wiesen im Brühl (Toponym für Feuchtgebiete mit Wiesen und/oder Wald, in Mauchenheim Gewann nördlich der Selz) sei eine Tribüne gebaut worden, die Feier habe an einem Sonntag stattgefunden. Ein Redner sei „Haas von Alzey“ gewesen. Als es geregnet habe, habe er gesagt: „Ohne Regen kann keine Saat  gedeihen!“ Fleischmann schreibt: „In der Umgebung von Kirchheimbolanden pflegte ein Schreiber von Alzey, namens Haas, den man wegen seiner langen, schwarzen Locken den „Lockenhaas“ hiess, diese Reden zu halten. Dabei focht er heftig mit den Händen, schlug mit den Fäusten und trat mit den Füssen, wobei es ihm passierte, dass er – da die Rednerbühne aus einem  alten, wurm-stichigen Weinfass gemacht war – diesem Fass den Boden hinaustrat und unter dem Gelächter der Menge fechtend in die Tiefe versank. Da die Leute die Rede alle schon kannten, so begannen sie sich des öfteren miteinander zu unterhalten, was Haas sehr übel nahm, weshalb er ihnen „Ruhe“ zudonnerte. Heute noch hört man ältere Leute dort sagen: „Ruhe, spricht der Haas“. Es ist dies ein geflügeltes Wort geworden.“ (S.94)

Diese Karikatur des Demokraten Ferdinand Joseph Haas aus Alzey ist der Niederlage von 1849 und der Anpassung an das darauf folgende reaktionäre politische Klima zuzuschreiben. Die Träume von einer freien Republik, die 1848/49 in Rheinhessen und der Pfalz mehrheitsfähig waren, wie die Wahlen dieser Jahre zeigen, wurden zunehmend als radikal verunglimpft, die Akteure befanden sich überwiegend im Exil und konnten nicht widersprechen, so auch der 1921 in Mainz geborene Medizinstudent Ferdinand Haas, der zusammen mit seinem Bruder Franz zu den führenden Köpfen des Demokratenvereins in Alzey gehörte. Beim rheinhessischen Freischärlerbataillion, das den Pfälzern im Juni 1849 in der Reichsverfassungskampagne zur Hilfe kam, kommandierte er als Hauptmann die 9. Kompagnie. Nach der Niederlage flüchtete er nach Frankreich, wo er 1864 durch eine Buchveröffentlichung als Arzt in Montpellier nachweisbar ist. Von dem Zweibrücker Schwurgericht wurde er 1851 in Abwesenheit zum Tode verurteilt und später wie seine über 300 Mitangeklagten amnestiert. Treffender für die Reden bei Fahnenweihen im Sommer 1848 ist das Zitat des nicht bekannten Festredners in Kirchheimbolanden: „Jeder Mensch, und sei er in Ketten geboren, ist zur Freiheit geschaffen. Nur die Despotie entwürdigt den ursprünglich freien Menschen zum Sklaven, im Sklaven freilich lebt keine Bürgertugend auf. Lasse den Menschen die Freiheit genießen  und er wird sich derselben würdig bewähren.“ (Lucae S. 56) Das ist fast wörtlich ein Zitat aus Rousseaus 1762 erschienener Aufklärungsschrift zum Gesellschafts-vertrag: „Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten.“ (Jean-Jacques Rousseau: Du contrat social ou Principes du droit politique (Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts), Französisch/Deutsch, Hans Brockhard (Hrsg.), Stuttgart 2010. S. 9)

Arnold schreibt weiter, man sei jeden Sonntag auf einer anderen Fahnenweihe gewesen. Die Schulbuben seien dabei hinter dem Regiment als Nachtrupp gelaufen, bewaffnet mit hölzernen Säbeln in Schwarzrotgold. Als Farben habe man Ruß, gelbe Kreide und Röthel benutzt, als Trommel eine alte Gießkanne. Etwa ein Dutzend Kinder hätten sich für die freiheitlichen Ideale begeistert. Man habe gegen Offenheim den Krieg geprobt: „Mit langen Weidenholzsäbeln ging man aufeinander los und mit Singen und Pfeifern wurde der Sieg gefeiert.“ (Karmann)

Ereignisse 1849

Nachdem die Nationalversammlung Ende 1848 den Grundrechtskatalog als Reichsgesetz beschlossen hatte, arbeitete sie an einer Verfassung. Mittlerweile war die Gegenbewegung der Fürsten, die sich vor allem auf die faktische Macht des Militärs stützte, wieder erstarkt. Die liberale Mehrheit im Parlament stand für eine konstitutionelle Monarchie, die demokratische Minderheit, zu der alle rheinhessischen und die meisten pfälzischen Abgeordneten gehörten, für eine Republik. Schließlich kam es zu einem Kompromiss der Liberalen mit einer Gruppe von Demokraten, um eine Mehrheitsentscheidung treffen zu können. Nach der Annahme der Reichsverfassung am 28. März 1849 trugen die Liberalen dem preußischen König Friedirch Wilhelm IV. die konstitutionelle Krone an. Dieser lehnte ab, da er gegen die Volkssouveränität weiterhin auf das Gottesgnadentum der Monarchie setzte. Während Preußen und Bayern daraufhin die Verfassung ebenfalls ablehnten, wurde sie mit der „Note der Achtundzwanzig“ vom 13. April 1849 von kleineren Staaten wie dem  Großherzogtum Hessen anerkannt. Daraufhin wurde am 1. Mai 1849 nach einer Volksversammlung in der Fruchthalle Kaiserslautern, an der 12.000 Personen teilgenommen haben sollen, ein Landesauschuss zur Verteidigung der Verfassung ins Leben gerufen. Der Stadtrat Kirchheimbolanden hatte Delegierte entsandt und mit einem Beschluss legitimiert. (Lucae S. 71) Auch vor Ort gab es einen Cantonsver-teidigungsausschuß (Lucae S. 86). Mitglied im Landesverteidungsaus-schuss wurde der Kirchheimbolandener Notar Karl Wilhelm Schmidt. Zwei Tage später fand an gleichem Ort ein Kongress der pfälzischen Volkswehren statt, darunter auch die aus Mauchenheim. Beschlossen wurde eine Gliederung der „Volkswehr der Pfalz“ in vier Brigaden aus den Bezirken Landau, Frankenthal, Zweibrücken und Kaiserslautern, wozu auch Mauchenheim gehörte (Fleischmann, S. 153) . Zur Umsetzung der Beschlüsse sowie zur Waffenbeschaffung wurde ein beratendes Gremium von drei „Wehrmännern“ gegründet, dem Dr. Johann Ludwig Hitzfeld (1794-1869) aus Kirchheimbolanden angehörte. (Fleischmann, S. 153) Der Kantonsarzt hatte bereits zum Vorstand des am 17.12.1848 gegründeten, demokratisch orientierten Märzvereins gehört. Am 7. Mai 1849 wurde dann auch die „Volkswehr Kirchheimbolanden“ auf Antrag von Dr. Hitzfeld und Georg Seyler, gleichzeitig Kommandant der Volkswehr, auf die Reichsverfassung vereidigt. Zehn Tage später wurde in der Pfalz unter Vorsitz des Kirchheimbolandener Wahlkreisabgeordneten Joseph Martin Reichard eine provisorische Regierung ausgerufen. Dr. Hitzfeld vertrat bei dieser Wahl den Kanton Kirchheimbolanden (Lucae S. 77).

Im Kanton Kirchheimbolanden wurde der bisherige bayrische Landkommissar Wand abgesetzt. Er fand Aufnahme bei Familie Fitting in Mauchenheim (Fleischmann, S. 230). Der ein Jahr zuvor verstorbene Gutsbesitzer Johann Hermann Fitting hatte als Landtagsabgeordneter im Vormärz zur „gemäßigten Opposition“ gehört, also wohl zu den Liberalen, die für eine konstitutionelle Monarchie eintraten. Wand wurde abgelöst von Jakob Müller als Zivilkommissar, einem Mitarbeiter des Kirchheimbolandener Notars Schmidt. Otto Fleischmann äußerte sich 1899, er sei in der Kirchheimbolandener Lateinschule wegen seiner indifferenten Haltung zur Revolution Aristokrat genannt worden. Er stellt im Nachhinein fest: „Den besitzenden Klassen und Solchen, die mit nüchterner Ueberlegung sich fragten, ob das erstrebte Ziel mit den angewandten Miteln  auch ausführbar sei, war, da sie sich eine verneinende Antwort auf diese Frage geben mussten, die revolutionäre Bewegung  anfänglich wenig sympathisch.“ (Fleischmann S. 231/232) Bei den Besitzenden habe es vor allem Angst vor Gewalt und Plünderungen durch die Besitzlosengegeben. Stadtpolizei und Bürgerwehr hätten die Ordnung allerdings aufrechterhalten. Für die Revolution hätten sich vor allem „schwärmerische Jünglinge mit unklaren Freiheitsideen, politische Spekulanten mit selbstsüchtigen Bestrebungen, und solche, die durch den Umstrutz nichts verlieren, sondern nur gewinnen konnten“ begeistert, zitiert er einen ungenannten Zeitgenossen.  Der Vorwuf schwärmerischer Begeisterung ist lutherisches Vokabular, das von Fürstenseite auch bereits gegen die französische Revolution Anwendung gefunden hatte. Auch wenn sich in der Tat viele junge Männer für den Aufbruch begeisterten und auch wenn es mancherorts soziale Proteste gab, auch mit Androhung von Gewalt gegen Besitzende, teilweise auch antijüdisch, wie ein Bericht des Alzeyer Rabbiners Dr. Samuel Adler belegt, so zeigen die überlieferten Quellen politisch doch überwiegend das Bild einer mehrheitlich oppositionellen Pfalz, in der sich sowohl Liberale als auch Demokraten für die Umsetzung der Reichsverfassung einsetzten, die ja in ihrer Kompromissformel eine konstitutionelle Monarchie vorsah.

Während die Liberalen gegenüber einer militärischen Auseinandersetzung skeptisch waren, mobilisierten die Demokraten die Bürgerwehren. Die Unabhängigkeitserklärung vom Königreich Bayern und die Gründung einer provisorischen Regierung, deren Positionen mit demokratischen Abgeordneten der Nationalversammlung und des Landtags besetzt war, zeichnete damit allerdings den Weg in eine pfälzische Republik vor.

Der militärische Konflikt

Auf der Versammlung der pfälzsichen Volksvereine am 1. und 2. Mai 1849 in der Kaiserslauterner Fruchthalle wurde der Landesverteidigungs-ausschuss auf der Basis einer Erklärung beschlossen, in der es hieß, die Auflehnung der bayrischen Regierung gegen die Beschlüsse der Nationalversammlung und die Reichsverfassung werde als rebellisch betrachtet. Daher sei die Pfalz solange zum kräftigsten Widerstand verpflichtet, bis die bayrische Regierung ihre Unterwerfung unter die Reichsverfassung erklärt habe. (Lucae S. 71) Auf einem Kongress der pfälzischen Volkswehren am 3. Mai in Kaiserslautern stellten sich 15 Volkswehren dem Landesverteidigungsausschuss zur Verfügung, darunter Göllheim, Gauersheim, Steinbach, Dannenfels, Kirchheimbolanden und Mauchenheim. Als Vertreter von Mauchenheim könnte der „Vereins-vorstand“ Samuel Becker anwesend gewesen sein. Bei einer Volksver-sammlung der Kantons am 16. und 17. Mai in der Fruchthalle wurde eine provisorische Regierung gebildet. Ebenfalls am 17. Mai wurde ein Vertrag mit Baden zur gegenseitigen militärischen Unterstützung geschlossen. Laut Ludwig Bamberger kam am 9. Mai die Nachricht aus der Pfalz, man rechne fest auf Unterstützung von Rheinhessen. (Bamberger, S. 70) Zitz und Bamberger erließen eine „Marschordre“ an alle mit Waffen versehenen Bewohner Rheinhessens nach Wörrstadt und informierten den pfälzischen Landesverteidgungsausschuss darüber. Am 10. und 11. Mai brach das sich unterwegs weiter verstärkende Kontingent nach Alzey auf und erreichte am 13. Mai über Monsheim Kirchheimbolanden. Bamberger berichtet in seinen Erinnerungen über mangelhafte Ausrüstung der rheinhessischen und pfälzischen Bürgerwehren und klagt über sich widersprechende militärische Strategien. Er schildert die Stimmung innerhalb der Bewegung als ambivalent: „Ich entsinne mich kaum, einen Menschen von ruhigem Urtheil in der Pfalz gesprochen zu haben, der Vertrauen gehegt hätte, und doch mochte keiner  vor dem Angriff das Zeichen zum Rückzug geben.“ (S. 186) In einer Denkschrift vom 11. Juni  an die provisorische Regierung in Kaiserslautern (S. 140-142) beschrieben einige Offiziere, darunter Ludwig Schlinke (Pfälzer Volkswehrbataillon in Göllheim: ca. 2000 Mann), Ludwig Blenker (Rheinhessische Bürgerwehr/Frankenthaler Abteilung: ca. 480 Mann) und Franz Zitz (Rheinhessische Bürgerwehr/Kirchheimbolandener Abteilung: ca. 950 Mann und vier Katzenköpfe = kurze Kanonen) die ungenügende Situation gegenüber den Preußen und empfahlen einen Rückzug nach Neustadt. Bamberger berichtet, dass am 12.6. noch keine Entscheidung in Kirchheimbolanden vorgelegen habe, aber man habe erfahren, dass ein preußisches Korps in Mauchenheim eingerückt sei: „Es hatte dort sowohl als in einem anderen Grenzorte, Morschheim, eine Besatzung von Pfälzer Volkswehr gelegen, welche aber von einem Detachement (kleine Truppenabteilung) von 12 bis 15 preußischen Husaten, als es nur von Weitem sichtbar wurde, sogleich Reißaus genommen hatte.“ (S. 142) Fleischmann berichtet, die in Morschheim „liegenden Freischärler …suchten  am Eingange in das Dorf eine Barrikade zu errichten, indem sie schnell einige Wagen zusammenschoben. Die Meisten verkrochen sich rasch und nur wenige schienen entschlossen, sich zu verteidigen.“ (S. 284) Zuletzt habe sich auch „der junge Schulverweser von Mauchenheim, namens Scholl, der am längsten aushielt, mit knapper Not durch Flucht in einen benachbarten Hof“ (S. 284) vor den nacheilenden Husaren gerettet. Lucae berichtet, im Zuge der pfälzischen Hochverratsprozesse in Zweibrücken sei auch der Wirt Christian Kern aus Morschheim angeklagt worden, er habe Barriakden bauen lassen, habe Sturm geläutet, als die Preußen kamen und soll unter Drohung Einzelne zum Kampf aufgefordert haben. (Lucae, S. 157) Das könnte sich ebenfalls auf die Ereignisse am 12.6. 1849 beziehen. Kern sei nicht amnestiert worden, seine Strafe aber sei nicht bekannt.

Das preußische Militär, dem sich Prinz Wilhelm angeschlossen hatte, hatte laut Fleischmann sein Hauptquartier in Alzey. Es war gut 4.000 Mann stark, dazu  22 Kanonen und Kavallerie (Fleischmann S. 284). Am 14.6. morgens um 5 Uhr rückten die Preußen auf Kirchheimbolanden vor. „Eine Gruppe Füsiliere erhielt den Auftrag, das Dorf Orbis zu besetzen.

…Das Gros der Division marschierte  zum steinernen Berge, von dem aus man Kirchheim vor sich sah. Die preußische Avantgarde erhielt bald aus dem Schlossgarten Feuer, auch brach eine Abteilung Freischaren aus dem Städtchen heraus. Als eine Kompanie 24er gegen dieselben feuernd vorging, zogen sie sich sofort wieder zurück.“ (Fleischmann S. 288) Zitz und Bamberger erteilten die Anweisung, sich nach Neustadt zurück zu ziehen. Im Schlossgarten, so Fleischmann, seien 40 Bewaffnete verblieben. Bamberger schreibt, die Anweisung sei an alle Kompanien ergangen und er habe erst später von den Zurückgebliebenen erfahren (Bamberger S. 148) Beim folgenden Gefecht im Schlossgarten wurden die 17 Freischärler getötet, denen auf dem Friedhof Kirchheimbolanden1872 ein Denkmal gesetzt wurde, meist stammten sie aus dem Mainzer Raum. „Den übrigen gelang es zu entkommen. Einer von ihnen, ein junger Mann aus Wörrstadt, ein entfertner Verwandter meiner Mutter, sprengte mit dem Gewehre ein Pförtchen, das aus dem Garten nach der grossen Kirche führt, auf, flüchtete in einen Heuhaufen auf einer Wiese, in den die Ulanen mehrmals mit den Lanzen stachen, kam des nachts zu uns nach Mauchenheim, wo ihn meine Mutter auf dem Speicher versteckte (im Pfarrhaus, der Verf.), mit Zivilkleidern versah und am anderen Tag in die Heimat entliess.“ (Fleischmann S. 290) Fleischmann berichtet auch, der in Mauchenheim liegende preußische Kommandant habe Morschheim, „das ihm als ganz radikal geschildert worden war, überfallen und zusmamenschiessen wollen, sei aber von dem in jenem Orte sich aufhaltenden Landkommissär Wand (bei Familie Fitting, der Verf.) abgehalten worden.“ (Fleischmann, S. 294) Von der Mauchenheimer Volkswehr ist im Übrigen keine Rede mehr. Es ist unbekannt, inwieweit sie sich bei Ankunft der Preußen bereits aufgelöst hat oder ob Teile wie geplant in Göllheim integriert waren. Immerhin berichtet Fleischmann, ein Sohn des Marnheimer Pfarrers und Dekans Wilhelm Ludwig Pixis (1789-1863) sei im Gefecht bei Waghäusel (Nordbaden zwischen Mannheim und Karlsruhe) am 21. Juni 1849 gefallen. Es gab also Personen der Volkswehr aus dem Kanton Kirchheimbolanden, die mit der pfälzisch-badischen Armee bis zum Schluss kämpften. Das Urteil über Zitz und Bamberger im Nachhinein ist ambivalent, auch in den zitierten Quellen von Augenzeugen bei Lucae oder Fleischmann, und reicht von  „abgehauen“ bis „überlegt zurückgezogen“.

Wie groß Zustimmung, Skepsis oder Ablehnung in der Pfalz für die gewaltsame Verteidigung der Verfassung waren, wird im Nachgang unterschiedlich beurteilt, ohne dass es genaue Zahlen gäbe. Die meisten Urteile stammen allerdings von denen, die da geblieben waren, aus welchen Gründen auch immer, nur wenige Urteile von Exilanten kamen in der Pfalz zur Kenntnis. Dass es zumindest eine antipreußische Stimmung im Linksrheinischen ab 1849 gab, zeigt ein Flugblattlied, das bei Lucae abgedruckt ist und das auch in Koblenz nachgewiesen ist. Es kritisiert Prinz Wilhelm, den Oberbefehlshber der preußischen Truppen in der Pfalz und in Baden und späteren Kaiser Wilhelm I., als „Kartätschenprinz“. Diese Bezeichnung geht zurück auf die Maiaufstände in Berlin 1848, als kolportiert wurde, Wilhelm habe empfohlen, den Aufstand niederzukartätschen, wahrscheinlich Propaganda seiner Gegner, die aber durch die Ereignisse 1849 an ihm haften blieb. Der Text wurde bewusst als Gegenentwurf gedichtet auf das 1840 von Nikolaus Becker veröffentlichte antifranzösische und propreußische Lied „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“ und votiert eindeutig für eine Republik:

Wir wollen ihn nicht haben
Den Herrn Kartätschenprinz
Mag Rußland ihn begraben
In seiner Eisprovinz
Mag er darauf verzichten
Zu herrschen einst am Rhein
Wir wollen ihn mit nichten
Den Bürgermörder – Nein

Wir wollen ihn nicht haben
Den Schild der Despotie
Der für der Freiheit Gaben
Nie fühlte Sympathie
Der nur die Frucht vom Fleiße
Des armen Volks genießt
Und dann als erster Preuße
Dasselbe niederschießt

Wir wollen ihn nicht haben
Den Groß-Parade-Held
Der uns´re wackre Knaben
Als seine Puppen hält
Der um das Volk zu knechten
Zum Brudermord sie zwingt
Und uns statt deutschen Rechten
Nur Rußlands Knute bringt

Wir alle wollen haben
Am freien deutschen Rhein
Das Königtum begraben
Und selbst Regenten sein
Nur dann erblüht für Jeden
Der Freiheit goldnes Glück
Drum fort mit Majestäten
Es leb die Republik

Die führenden Köpfe der Bürgerwehraktion zur Verteidigung der Reichsverfassung, fälschlich immer noch „Pfälzer Aufstand“ genannt, flüchteten über die Schweiz nach Frankreich und nach Nordamerika. Joseph Martin Reichard liess sich in Philadelphia nieder, zunächst als Hotelbesitzer, später wieder als Notar. Dort starb er 1872. Der Kirchheimbolandener Notar Karl Wilhelm Schmidt wanderte nach seiner Amtsenthebung ebenfalls nach Nordamerika aus und liess sich in Cleveland/Ohio nieder. Dort starb er 1887. Sein ehemaliger Mitarbeiter Jakob Müller, der 1848/49 als Zivilkommisar des Kantons Kirchheimbolanden amtierte, wanderte ebenfalls aus, wurde Vizegouverneur von Ohio, heiratete Laura, die Tochter von Karl Wilhelm Schmidt, und übernahm 1885 das Amt eines amerikanischen Generalkonsuls in Frankfurt.  Theodor Berkmann aus Einselthum kam 1849 für 26 Tage in Untersuchungshaft und wurde danach für drei Jahre von seinem Amt als Pfarer suspendiert. Danach wanderte er nach New York aus, wo er 1870 starb. 1866 soll er die Pfalz noch einmal besucht haben. Ferdinand Haas emigrierte nach Frankreich und arbeitete als Arzt in Montpellier. Franz Zitz emgirierte nach Nordaemerika und Ludwig Bamberger nach Frankreich. Beide kehrten nach der generellen Amnestie, die Ludwig II. anlässlich seiner Inthronisation 1864 ausgesprochen hatte,  zurück. Zitz arbeitete bis zu seinem Tod 1877 als Anwalt in München, Bamberger war als Nationalliberaler und danach als Freisinniger von 1871 bis 1890 Reichstagsabgeordneter, zunächst für den Wahlkreis Mainz-Oppenheim, dann für Bingen-Alzey. Im Mainzer Hochverratsprozess von 1850 wurden alle Angeklagten vom Geschworenengericht freigesprochen. Die Geschworenen konnten sich auf die Anerkennung der Reichsverfassung durch das liberal regierte Großherzogtum Hessen-Darmstadt und das im November 1848 erlassene Bürgerwehrgesetz berufen. In der Pfalz ermittelten die Behörden gegen 1.348 Teilnehmer des Reichsverfassungskampagne, deren Zahl aufgrund einer Teilamnestie, Urteile niederer Gerichte oder Verfahrenseinstellungen mangels Beweisen entscheidend sank. Schließlich wurden „Martin Reichard und 332 Consorten“ vor dem Geschworenengericht Zweibrücken wegen „bewaffneter Rebellion gegen die bewaffnete Macht“ angeklagt, aber (mit vier Ausnahmen) nur diejenigen, die sich der bayerischen Justiz durch die Emigration entzogen hatten, 1851 zum Tode verurteilt. Keines dieser Todesurteile wurde vollstreckt; nur der Unterleutnant Graf Theodor von Fugger-Glött wurde im März 1850 nach dem Urteil eines Kriegsgerichts in Landau exekutiert. Für die übrigen Verurteilten kam es zwischen 1859 und 1862 zu Begnadigungen und 1864 zu einer generellen Amnestie. Laut Lucae wurde gegen 122 Personen im Kanton Kirchheimbolanden ermittelt, darunter  Carl und Adam Steuerwald aus Orbis, ersterer Landwirt und Bürgermeister, Johann Beckmann (Landwirt) und Christian Kern (Wirt) aus Morschheim sowie Carl Emrich (Landwirt) und Matheis Hartmann aus Ilbesheim (Lucae, S. 154-158).

Nachwirkungen

Die Lehrerbewegung für Kommunalschulen blieb nach 1849 bestehen und fand in der Bevölkerung Rheinhessens und der Pfalz eine dauerhafte Resonanz. So wurde die rheinland-pfälzische Verfassung von 1947 in Rheinhessen und der Pfalz von einer Mehrheit abgelehnt wegen eines Schulartikels zur möglichen Wiedereinführung von Konfessionsschulen, die von katholischer Seite durchgesetzt worden war.

Die Differenzen zwischen Liberalen und Demokraten setzten sich in der Spaltung des Nationalliberalismus ab 1878 fort, als sich die Freisinnigen vom Kurs einer Kooperation mit Bismarck trennten. Das führte in der Weimarer Republik zur Gründung der linksliberalen DDP und der  rechtsliberalen DVP .  Die Ängste der Liberalen vor den Besitzlosen und damit die nicht gelöste soziale Frage in der Deutung des Begrffs der Brüderlichkeit führte letztendlich zur Gründung der Sozialdemokratie in den 1860er Jahren, in der sich auch einige alte Achtundvierziger wiederfanden, vor allem soweit sie genossenschaftliche Ideen vertraten.

Was Mauchenheim in der Zeit 1848/49 betrifft, so ist der Verbleib und die politische Positionierung der benannten Akteure nach wie vor unbekannt. Die 1968 erfolgte Zugehörigkeit zum rheinhessischen Landkreis Alzey-Worms hat die Beziehungen zum Donnersbergkreis nicht aufgehoben. Die Bürger der Gemeinde haben als Teil der das Vorholz umgebenden Gemeinden seit jeher – eben auch 1848/49 – und bis heute Beziehungen in beide Richtungen gepflegt, nach Alzey und nach Kirchheimbolanden, mithin nach Rheinhessen und in die Pfalz. Das Demokratiethema kann ein verbindendes Element gemeinsamer Geschichts- und Kulturarbeit sein, wie ja auch bereits der Geschichtsweg Pfalz-Rheinhessen angedeutet hat.

Nach oben scrollen